FDP-Stadträte stellen Anfrage zur StUB

Die Anfrage im Wortlaut:

 

Anfrage zur StUB                                                                                                         19.11.2025

 

Sehr geehrter Herr Oberbürgermeister,

Demokratie lebt vom Austausch sachlicher Argumente; sie zielt auf eine vernunftgeleitete Sorge um das gemeine Wohl. Dies erfordert den Austausch rationaler Argumente, die im Kern inhaltlich zutreffend sind und die Ebene argumentativer Auseinandersetzung nicht verlassen.

Die Anfrage nimmt unter anderem Bezug auf eine Aussage von Herrn Dr. Florian Janik, der sich in seiner Funktion als Oberbürgermeister der Stadt Erlangen gegenüber den Erlanger Nachrichten zu grundlegenden politischen und rechtlichen Erwägungen zur Stadt-Umland-Bahn (StUB) geäußert hat. Die Aussage ist erschienen im Zeitungsartikel «Keine Zweifel an der Förderzusage/ Erlangens OB: „Bundeszuschuss für StUB ist sicher“ - auch wenn die Stadt selbst pleite ist» veröffentlicht am 14. Oktober 2025.[1]

Art. 28 Abs. 2 Satz 1 GG gewährleistet der Gemeinde das Recht, alle Angelegenheiten der örtlichen Gemeinschaft im Rahmen der Gesetze in eigener Verantwortung zu regeln. Insbesondere ist der Oberbürgermeister befugt, sich im Rahmen seines Aufgabenbereichs zu Angelegenheiten der örtlichen Gemeinschaft öffentlich zu äußern. Darunter fällt freilich auch die Darlegung und Erläuterung der eigenen Politik.

Die Befugnis des Oberbürgermeisters, sich in amtlicher Funktion im politischen Meinungsstreit zu äußern, findet ihre Grenzen in den Anforderungen des Sachlichkeitsgebots. Daraus ist abzuleiten, dass Werturteile nicht auf sachfremden Erwägungen beruhen dürfen, d.h. bei verständiger Beurteilung auf einem im Wesentlichen zutreffenden oder zumindest sachgerecht und vertretbar gewürdigten Tatsachenkern beruhen müssen.

I. Aussage von Herrn Oberbürgermeister Dr. Janik: „Die StUB hat keine Bremse[2]

Hierzu fragen wir an, mit der Bitte um schriftliche Beantwortung:

  1. Inwieweit ist die Aussage inhaltlich zutreffend, dass das Projekt StUB „keine Bremse“ mehr habe, also nicht mehr zu stoppen sei?
     
  2. Ist es richtig, dass der Stadt Erlangen kein Kündigungsrecht zusteht, weder vertraglich noch gesetzlich?
    1. Kann das Recht zur Kündigung aus wichtigem Grund durch eine Verbandssatzung ausgeschlossen werden? Falls ja,
    2. wurde im konkreten Fall in der Satzung des Zweckverbandes Stadt-Umland-Bahn das Recht zur Kündigung aus wichtigem Grund ausgeschlossen?
    3. Ist unter Beachtung der konkreten Satzung und der allgemeinen Gesetze eine vertragliche oder gesetzliche Kündigung aus wichtigem Grund grundsätzlich möglich, oder bräuchte es eine vorherige Satzungsänderung?
       
  3. Beschäftigt sich die Stadt Erlangen mit Szenarien, die eine Kündigung aus wichtigem Grund aus dem Zweckverband erforderlich machen müssten?

 

  1. Unter welchen Voraussetzungen müsste die Stadt Erlangen eine Kündigung aus wichtigem Grund nach Art. 44 III BayKommZG in Erwägung ziehen?

 

  1. Laut Aussage des Oberbürgermeisters Dr. Janik erlebt die Stadt Erlangen die größte Krise der städtischen Finanzen seit dem Zweiten Weltkrieg[3]. Eine drohende Zahlungsunfähigkeit der Stadt Erlangen konnte in diesem Jahr nur durch kurzfristig gewährte Kassenkredite abgewendet werden.[4]
    1. Haben sich damit nach Ansicht der Stadt Erlangen die Verhältnisse nach Abschluss der Satzung des Zweckverbandes Stadt-Umland-Bahn (ZVStUB) und nach Abschluss des Bürgerentscheids so wesentlich geändert, dass der Stadt Erlangen das Festhalten an der ursprünglichen Verbandssatzung nicht mehr zuzumuten ist?
    2. Inwieweit müsste sich die finanzielle Lage in Erlangen weiter verschärfen, um von einer Unzumutbarkeit auszugehen, wenn eine drohende Zahlungsunfähigkeit der Stadt Erlangen nicht ausreichend ist?
    3. Mit Blick auf die erheblichen finanziellen Herausforderungen der Stadt Erlangen durch steigende Umlageleistungen, wachsende Personal- und Versorgungskosten sowie eine unsichere Einnahmesituation aufgrund der wirtschaftlichen Lage und der unklaren konjunkturellen Entwicklung, sowie hoher Kreditaufnahmen und rapide steigender Neuverschuldung: Mit welcher Begründung hält die Stadt Erlangen die derzeitige und absehbare Leistungsfähigkeit der Stadt Erlangen unter den gegebenen Rahmenbedingungen für ausreichend, um das Projekt StUB auch in Zukunft ungehindert fortzusetzen?

 

  1. StUB in Konkurrenz zur Pflichtaufgabenerfüllung der Stadt Erlangen?
    1. Inwieweit haben sich unvorhersehbare Umstände entwickelt, die so wesentlich sind, dass bei einem weiteren Verbleib der Stadt Erlangen im Zweckverband die Wahrnehmung der eigenen öffentlichen Aufgaben, insbesondere die Erfüllung der Pflichtaufgaben der Stadt gefährdet sind? Unter besonderer Berücksichtigung von grundlegenden städtischen Einrichtungen; bspw. die Instandsetzung von sicherheitsrelevanter Infrastruktur wie die der Hauptfeuerwache oder die Sanierung von Tages- und Bildungseinrichtungen in Erlangen.
    2. Inwieweit besteht gegenwärtig und in Zukunft ein Konkurrenzverhältnis zu Pflichtaufgaben der Stadt Erlangen, die nicht angegangen werden können, weil das Geld für die Planung, den Bau, den Betrieb und den Unterhalt der StUB gebunden ist?

 

II. Aussage des Bundesverkehrsministeriums (BMV) vom 11. 09. 2025 – Förderung mit Kostenobergrenze?

Aussage BMV: „Die anteilige Förderung seitens des Bundes entspricht dem Produkt aus dem jeweiligen gesetzlich vorgegebenen Fördersatz und den förderfähigen Kosten eines Vorhabens. Daraus ergibt sich ein maximaler Betrag für die Bundesfinanzhilfen. Die Förderfähigkeit von über diesen Betrag hinausgehenden Kosten (…) kann nur auf gesondertes förmliches Ersuchen geprüft werden.“[5]

Hierzu fragen wir an, mit der Bitte um schriftliche Beantwortung:

  1. Welche Auswirkungen hat die Stellungnahme des BMV in Hinblick auf die maximale Förderung von 90 % an den Kosten des Gesamtprojekts StUB?
    1. Beziehen sich die 90 % Gesamtförderung an den Kosten des StUB-Projekts auf die im noch zu stellenden Förderantrag bewilligten förderfähigen Kosten?
    2. Müssen die Kommunen für Mehrkosten infolge von Kostensteigerungen im Projekt im Grundsatz zusätzlich selbst aufkommen?
    3. Im Falle solcher Kostensteigerungen, kann die Stadt Erlangen nachträglich ein förmliches Ersuchen zur Übernahme solcher Kosten an den Förderungsgeber stellen, welches dieser zunächst prüfen müsste und ggf. bewilligen kann?
    4. Ist ein Kostenanstieg grundsätzlich vom Projektträger selbst zu tragen, sofern keine Genehmigung für eine höhere Förderung durch Bund oder Land erteilt wird? Würde das bedeuten, dass die Risiken für entstehende Mehrkosten zu 100 % von den 3 Kommunen untereinander zu tragen wären, sollte der Bund oder das Land keine ergänzende Förderbewilligung erteilen?
    5. Ist die Aussage richtig, dass bei angenommener Verdoppelung der Gesamtkosten des Projektes StUB von geschätzten 730 Mio. aus dem Jahr 2019 auf in Zukunft 1,46 Mrd. Euro dies zur Konsequenz hätte, dass der Eigenanteil, der von der Stadt Erlangen zu tragen wäre, von 81 Mio. Euro auf 539 Mio. Euro ansteigen würde?
    6. Würde sich durch Kostensteigerungen über 100% der NKI derart verändern, dass eine Förderfähigkeit des Gesamtprojekts in Gefahr gerät?

 

III. Szenario: Auflösung des Zweckverbandes nach erfolgter Kündigung durch die Stadt Erlangen

Hierzu fragen wir an, mit der Bitte um schriftliche Beantwortung:

Laut Stellungnahme des Zweckverbands StUB vom 6.11.2025[6] würde bei einseitiger Kündigung durch ein Verbandsmitglied die betreffende Stadt Strafzahlungen an die anderen Städte leisten müssen, die die bisher gezahlten Umlagen der anderen Städte umfassen. Für Erlangen wären das ca. 19 Mio. Euro, die an Nürnberg und Herzogenaurach gezahlt werden müssten.

  1. Sofern also die Stadt Erlangen bei Ausstieg aus dem Zweckverband Zahlungen in Höhe von 19 Mio. Euro an die Städte Nürnberg und Herzogenaurach zu leisten hätte, könnte die Stadt Erlangen ihren Anteil jener bereits an den Zweckverband gezahlter Investitionsmittel verwenden, welche gegenwärtig in Höhe von über 20 Mio. Euro unverbraucht auf dem Konto des Zweckverbands liegen, um die beiden übrigen Kommunen im Falle einer Kündigung durch die Stadt Erlangen zu entschädigen? Falls ja, in welcher Höhe verblieben dann Entschädigungsforderungen gegen die Stadt Erlangen?

 

Ferner ist der Stellungnahme zu entnehmen, dass aktuell Planer in einem noch abzuarbeitenden Volumen von über 20 Mio. Euro vertraglich gebunden sind. Bei nicht abgerufenen Planungsleistungen durch Kündigung würden Strafzahlungen fällig werden, die mehr als 50% des Auftragsvolumens betragen können.

  1. Werden die betreffenden Strafzahlungen von mehr als 50 % gemessen am Auftragsvolumen von über 20 Mio. Euro ins Verhältnis gesetzt nach dem Schlüssel von § 17 III der Satzung des Zweckverbandes (ZVStUBS); sprich von den mehr als 50 % betragenden Strafzahlungen entfallen auf die Stadt Erlangen 62,74 v. H.? Vgl. §§ 21 S. 2 i. V. m.  20 II S. 4 i. V. m. 17 III ZVStUBS.

 

Überdies ergibt sich aus der Stellungnahme vom 6.11.2025, dass ca. 20 Mitarbeiter beim Zweckverband angestellt sind. Laut § 15 III ZVStUBS sind bei Auflösung des Zweckverbandes die Beamten durch ein Verbandsmitglied oder mehrere Verbandsmitglieder zu übernehmen.

  1. Fallen die angestellten Mitarbeiter des Zweckverbandes unter den Beamtenbegriff nach § 15 III ZVStUBS?
     
  2. Wie viele Mitarbeiter müsste die Stadt Erlangen im Falle einer Auflösung des Zweckverbandes übernehmen?

 

Mit freundlichen Grüßen

Prof. Dr. Holger Schulze                                               Michael Székely
FDP-Stadtrat                                                                FDP-Stadtrat

 

[1] https://www.nn.de/erlangen/erlangens-ob-bundeszuschuss-fur-stub-ist-sicher-auch-wenn-die-stadt-selbst-pleite-ist-1.14866380

[2] https://www.nn.de/erlangen/erlangens-ob-bundeszuschuss-fur-stub-ist-sicher-auch-wenn-die-stadt-selbst-pleite-ist-1.14866380

[3] https://de.linkedin.com/posts/florian-janik-08b740235_wir-erleben-gerade-die-größte-krise-der-städtischen-activity-7239697680891817986-59u-

[4] https://ratsinfo.erlangen.de/vo0050.asp?__kvonr=2141059

[5] Antwort auf Anfrage einer Privatperson

[6] https://www.stadtumlandbahn.de/presse/stellungnahme-der-stadtoberhaeupter-zu-einem-ins-gespraech-gebrachten-moratorium/